Mit den Klängen von Charles Trenet „La Mer“ holen wir den Anker hoch und setzen noch in der Bucht unseren weiß blauen Gennaker. Heute ist der 19. Dezember 2018, 16 Uhr Ortszeit Kapverden, São Vicente, Mindelo. Joya segelt in Richtung Karibik und den Kurs kann man auf den blauen, von Stephan organisierten Crew-Shirts ablesen: 266 Grad -Kapverden nach Martinique. Eine geniale Idee und mit einem gewissen Pathos und tief berührt tragen wir voller Vorfreude unsere Crewshirts. In den letzten Tagen waren wir mit dem Einkauf des Bordproviants beschäftigt. Vieles hatten wir bereits auf den Kanaren eingekauft, darunter ein spanisches Huftier, ein monatelang gereifter iberischer Jamon zum absäbeln - mein besonderes Weihnachtsgeschenk an die Crew, denn als Veggie muss ich jeden Tag auf hoher See am Huftier im Salon vorbei... Auf den Kapverden kaufen wir vor allem Frisches ein und so schwärmt die Mannschaft jeden Tag vor der Abreise aus, um Gemüse und Obst, etc. zu ergattern. Christoph hatte lange Exeltabellen angelegt, mit allen von der Crew eingereichten Rezepten. Das Ergebnis ist erstaunlich üppig und vielfältig und so wird Joya mit jedem Einkauf, darunter 150 l Frischwasser als Notreserve, immer schwerer. Hier ein kleiner Auszug aus der Einkaufsliste: 22 Liter H-Milch, 5 Kilo Butter, 210 Eier, 16 Kilo Brot, davon 6 Kilo Brotbackmischungen, 14 Kilo Müsli, usw. Früchte wandern sofort in die aufgespannten Netze über unseren Köpfen im Cockpit. Mit Simons Anreise am 18.12. ist unser Team komplett und wir genießen einen letzten stimmungsvollen Abend im Café Mindelo mit Livemusik und Cachupa, dem Nationalgericht der Kapverden, hauptsächlich bestehend aus Mais und Fisch.  

Joya gleitet in die erste Nacht auf hoher See und wir finden uns schnell im Rhythmus der Wacheinteilung zurecht. Nach dem Abendessen wird es langsam still auf dem Schiff und im 3 Stundenwechsel steuert der jeweilige Wachhabende das Schiff gelassen durch das nächtliche Meer unter einem fantastischen Sternenhimmel. Wir erleben atlantische Wellen bei Wind um 20 bis 25 Knoten, der Parasailor treibt unseren Katamaran Tag und Nacht durch die Wasserwüste voran, meist bei Sonnenschein und blauem Himmel. Morgens finden wir fliegende Fische gestrandet in unseren Netzen. Ein Segelwechsel wird zum Schwimmen im großen Teich genutzt. Keine leichte Übung, bei den hohen Wellen wieder an Bord zu klettern. Die Mahlzeiten sind oppulent und zu Weihnachten wird sogar ein kölner Rehbraten mit Preiselbeeren serviert. Dabei steht auf dem Tisch ein Adventskranz mit heimischem Moos und im Fenster schwingt fröhlich ein bunt leuchtender Weihnachstmann von den Kapverden. Nach 7 Tagen feiern wir unser Bergfest und spenden an Rasmus, Neptun, Poseidon und Yemania, der weiblichen Meeresgöttin zum Dank für gutes Geleit einen ordentlichen Schnaps. Unermüdlich zieht Joya Tag für Tag durch die Wellenberge Richtung Karibik. Die Stimmung an Bord könnte nicht besser sein und die Crew ist entspannt wachsam. Einmal am Tag starten wir per Iridium Telefon die Wetterabfrage bei dem deutschen Wetterfrosch Meno Schrader. Gleichzeitig senden wir dem „Tower of Cologne“ Haui die Koordinationsdaten von Joyas Position, zum Eintrag in unsere Homepage, zusammen mit den 500 Silben unseres Tagesblogs für Familie und Freunde in der Heimat. Abends schickt die Schamanentrommel heilende Vibes in alle Winde, während uns die prachtvollen Farben des Sonnenuntergangs in meditative Stimmung versetzten. Die Sportler unter uns verabschieden den Tag mit Boxen, Pilates oder Tai CHI. Das blaue Meer mit seinen weißen hohen Wellenkämmen und die endlose Weite des Horizonts, lassen jegliches Zeitgefühl zu Meeresschaum werden und versetzt uns zeitweise in tranceähnliche Zustände. Daher ist die tägliche Bordroutine ein Muß für den Erhalt der guten Seemannschaft. Wir werden mehr und mehr zu „ Citizen of the most beautiful Nation on Earth. A nation whose laws are harsh but yet simple, a nation that never cheats, which is immense and without borders, where life is lived in the present. In this limitless nature, this nation of wind, light and peace, there is no other ruler besides the sea.” Wahre Worte von dem berühmten Vagabund der Meere Bernard Moitessier. In der Sylvesternacht sehen wir in der Ferne die Lichter von Barbados und werfen eine Friedensbotschaft per Flaschenpost in die Fluten des Atlantiks - wer weiß, an welchen Strand sie irgendwann gespült wird. Nach 13 Tagen werden wir von einer Delfinschule mit 2 Delfinbabies an der Nordküste von St. Lucia begrüßt. Kurze Zeit später hängt der erste Fisch der Atlantikquerung am Haken. Spätes Anglerglück! Der Anker fällt am 1. Januar 2019 um 18:00 in Vieux Fort Bay auf St. Lucia. Überwältigt liegt sich die Crew in den Armen, bei Sonnenuntergang springen wir in die Fluten. Die Ankunft feiern wir mit einem Pina Colada und karibischen Rum.